DAS IST DIE LEBENSWELT
KNUT KLASSEN, JULIKA RUDELIUS, REBECCA ANN TESS, ANNA WITT

ERÖFFNUNG:
Samstag 9 Januar 2010
20 Uhr

GEÖFFNET:
10 Januar — 7 März 2010

Unter dem Titel „das ist die Lebenswelt” zeigt der NAK Anfang des Jahres 2010 eine Gruppenausstellung junger zeitgenössischer Videokunst. Der NAK knüpft damit an die Ausstellung „Beyond Stereotypes” 2008 an und setzt erneut einen Schwerpunkt in der Auseinandersetzung mit junger Videokunst sowie den Möglichkeiten einer Präsentation außerhalb der „Blackbox”.

Die Ausstellung „das ist die Lebenswelt” zeigt vier Videoarbeiten, die authentische Realität, alltägliches Sein und direkte Erfahrbarkeit in verschiedenen subjektiven Zusammenhängen verarbeiten. Konzeptuell steht die Lebenswelt dabei im Kontrast zu einer wissenschaftlich geprägten, theoretisch-analytischen Sichtweise  auf die Realität. Die Lebenswelt ist unproblematisch, der Analyse entzogen und schwer zu verbalisieren – sie ist irrational, kreativ und dynamisch. Oft steht das Erzählerische, das Dokumentarische oder der Dialog im Zentrum der Arbeiten, der die vereinzelt subjektive Lebenswelt durch Kommunikation zu einem Teil gemeinsamer Kultur verdichtet.

Im Mittelpunkt der Ausstellung steht die fast 40-minütige Videoarbeit Liv von Knut Klaßen (*1967, lebt und arbeitet in Berlin), aus der auch der Titel der Ausstellung entnommen ist. „Liv” bringt viele verschiedene Ansätze von Knut Klaßens künstlerischer Arbeit zusammen. Zum einen zeigt sie die spezielle Ästhetik seiner Bilder und Erzählweise, die sowohl vom Einsatz der Handkamera, einer oft atemlosen Nähe zu den Gezeigten und gleichzeitiger, auf absurde Aussagen und Interaktion gegründeter, Distanz geprägt ist. Wie ein Finger, der eine schmale Linie behutsam tastend abfährt, so zeichnet Klaßen die brüchige Linie zwischen Identität und Rolle, zwischen Leben und Darstellung, zwischen Klischee und authentischer Kreativität – eben zwischen Lebenswelt und Ästhetik – nach und entfacht damit einen Sog, dem man sich nicht entziehen kann.

Ebenfalls eine Befragung der Wirklichkeit, nur mit völlig anderen Mitteln, zeigt Anna Witt (*1981, lebt und arbeitet in Wien) mit der Videoarbeit Empower Me! In der Dokumentation einer öffentlichen Aktion befragt Anna Witt zufällig aufgegriffene Menschen nach ihren größten Wünschen. Die auf eine große Tafel notierten Ergebnisse  inszeniert sie dann als die Forderung eines Entführers. Der hilflosen Ohnmacht des Individuums setzt sie den Nachdruck der medial bekannten Erfüllung von Forderungen entgegen.

Weit entfernt von gesellschaftlich vorgegebenen Normvorstellungen erzählt Rebecca Ann Tess’ Video Orchids von einem ungewöhnlichen Liebesverhältnis. Statt abgeschmackter und klischeegefährdeter Beziehungsgeschichte finden hier zwei Menschen zueinander, mit echtem Respekt und einem wirklichen Gefühl von Nähe. Die Bilder, die Rebecca Ann Tess uns dazu liefert, sind allerdings nicht authentisch – sie zeigen, wie sehr das schon Bekannte unsere Vorstellung vom „Normalen” vorprägt.

Forever von Julika Rudelius zeigt fünf amerikanische Millionärsgattinnen, in der Reflexion von Schönheit – was sie bedeutet, wie sie erhalten werden kann und in welcher Verbindung sie zu besonderen Privilegien und zum Glücklichsein steht. Am Ende entsteht ein Selbstporträt jeder einzelnen Frau und ihrer Vorstellung eines erfüllten Lebens.

forever 01 rudelius

Julika Rudelius, Forever, 2006

Video installation, 16:40 min, 2 synchronized DVDs (video still)